KNA-Meldung vom 19.04.2023

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Mi, 19.04.2023, 13:02 – pl skn KNA

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Stichwörter: Recht, Gesellschaft, Finanzen Mehr Beinfreiheit beim Stiften Von Christoph Renzikowski (KNA)

Drei Anwälte, zwei davon mit kirchlichem Background, haben sich zu einer besonderen Initiative zusammengetan. Sie wollen mehr Licht in das behördliche Dickicht im Umgang mit Stiftungen bringen. Mit einer eigenen Stiftung, für die sie eine provokante Satzung geschrieben haben.

München (KNA) Stiftungen zählen in Deutschland zu den großen Unbekannten. Einige sind milliardenschwer, lenken Unternehmen oder üben politischen Einfluss aus. Dazu kommen unzählige kleinere Einheiten, die mal mehr, mal weniger gemeinnützig agieren. Aber wie viele es sind, vermögen selbst die wenigen Experten auf diesem Gebiet nicht zu sagen, weil anders als bei Vereinen kein Register existiert.

Das soll erst 2026 eingerichtet werden. Vorsichtig geschätzt bestehen aktuell vielleicht 40.000 rechtsfähige Stiftungen im Bundesgebiet.

Der Rechtsrahmen war bisher Sache der Länder. Mit der Folge beträchtlicher Unterschiede in den 16 Regelwerken und auch in ihrer praktischen Auslegung durch die Behörden. Mangels Publikationen von Verwaltungsanweisungen, wie es sie etwa im Steuerrecht gibt, sowie höherinstanzlicher Rechtsprechung ist das Gebiet nur einem kleinen Zirkel von Eingeweihten vertraut. Diese Unübersichtlichkeit in Verbindung mit langwierigen Genehmigungsverfahren dürfte manchen vermögenden potenziellen Wohltäter eher abgeschreckt denn zu einer Stiftung motiviert haben. Es sei denn, es war ein ausgewiesener Stiftungsrechtler zur Hand, dem er sich anvertrauen konnte. Aber diese Sorte Experten ist rar gesät, in Deutschland gibt es von ihr schätzungsweise nicht mehr als 250.

Drei von ihnen haben sich nun zu einer ungewöhnlichen Initiative zusammengetan. Alle sind Anwälte in unterschiedlichen Kanzleien.

Zwei haben einen dezidiert kirchlichen Background und sind in Bayern

ansässig: Erich Theodor Barzen (München) war bis 2020 mehr als sieben Jahre Finanzchef der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern, Stefan Fritz (Markt Schwaben) ist seit 2016 einer von zwei Geschäftsführern der drei großen Stiftungen des Erzbistums München und Freising, jede von ihnen verfügt über ein Vermögen von mehr als

720 Millionen Euro.

Dritter im Bunde ist der Berliner Jurist Christoph Mecking. Der frühere Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen betreibt seit 2005 ein eigenes Institut für Stiftungsberatung mit der Konzentration auf gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Einrichtungen.

Am 1. Juli wird das Stiftungsrecht in Deutschland durch ein neues Bundesgesetz erstmals vereinheitlicht. Das Trio plant nun gleichsam einen Praxistest, wie gut das gelingt. Noch vor dem Stichtag haben sie für eine eigene Stiftung namens „Fundatio“ eine Voranfrage an je eine Stiftungsbehörde in allen Bundesländern gerichtet und gleich einen Satzungsentwurf beigelegt. An ihm lässt sich ablesen, was den Initiatoren vorschwebt, nämlich maximale Beinfreiheit für Gründer von Stiftungen und deren Organe.

Demnach soll es künftig auch schon mit wenig Geld möglich sein, eine Stiftung zu errichten. Ihre „Fundatio“, ausgelegt als Verbrauchsstiftung auf zehn Jahre, wollen die drei mit nicht mehr als

10.000 Euro Kapital ausstatten. Bei der Geldanlage sollen Stiftungsorgane ermächtigt werden, bis zu 100 Prozent in Aktien zu investieren. Bei der Pflicht zum Vermögenserhalt soll ein längerer Anlagehorizont von bis zu sieben Jahren mehr Handlungsfreiheit ermöglichen, um etwa gut durch eine Niedrigzinsphase zu kommen.

Satzungen von Stiftungen einschließlich ihres Zwecks sollen leichter geändert werden und Stiftungen auch schon dann zusammengelegt werden können, wenn dies sinnvoll erscheint und nicht erst, wenn die nackte Not dazu zwingt.

Die „Fundatio“-Initiatoren rechnen nicht damit, dass ihre Stiftung bundesweit ohne Beanstandungen abgesegnet wird. „Das wäre wie ein Sechser im Lotto“, sagt Barzen. Notfalls wollen sie daher den Klageweg beschreiten. Alle ihre Schritte und die behördlichen Reaktionen darauf werden sie auf der bereits freigeschalteten Internetseite fundatio.info öffentlich zugänglich machen.

Im Prinzip gebe es zwei Denkschulen, so der frühere Finanzchef der bayerischen Landeskirche. Die einen seien der Ansicht, alles sei erlaubt, was der Gesetzgeber nicht ausdrücklich verbiete. Die anderen verträten eine enge Auslegung, wonach alles unzulässig sei, was das Recht nicht ausdrücklich gestatte.

Barzen und seine Mitstreiter zählen sich zur ersten Fraktion. Und was, wenn ihr freiheitlicher Ansatz nicht durchkommt? „Dann haben wir wenigstens Rechtssicherheit, was künftig im Stiftungsrecht gilt, und zwar bundesweit“, sagt er. Und das sei doch auch schon was.

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